Prüfstand für Schnittschutzmaterialien
Kunde: Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg
Bereich: Lehrinstitut Materialforschung
Anforderung: Prüfstand zum Test von Schnittschutzmaterialien
Umsetzung: Hardware: Digial-I/O-Modul NI USB-6509, Multifunktionsdatenerfassungsgerät NI USB-6212 / Software: LabVIEW
Schutzkleidung rettet Leben
Das Arbeiten mit Motorkettensägen birgt erhebliche Gefahren. In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg hat measX einen innovativen Prüfstand zur Bewertung von Schnittschutzkleidung entwickelt. Ziel ist die Optimierung der Schutzmaterialien.
„Kleider machen Leute“, das weiß jeder. Im privaten Alltag spielen Jacke, Hose und Co. eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, die eigene Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Im Arbeitsleben stehen funktionale Aspekte im Vordergrund: Richtige Kleidung schützt vor unerwünschten äußeren Einflüssen, senkt das Unfallrisiko und wird im Extremfall zum Lebensretter. Zum Beispiel im forstwirtschaftlichen Bereich, wo laufend mit starken Motorkettensägen gearbeitet wird. Trotz Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen und obwohl das Tragen von Schnittschutzkleidung bei Waldarbeiten mit schneidenden Werkzeugen Pflicht ist, kommt es hier immer wieder zu schweren, mitunter lebensbedrohlichen Unfällen. „Unachtsamkeit bei der Bedienung oder unerwartetes, kräftiges Schlagen der Motorsäge können dazu führen, dass es doch zu einem Kontakt zwischen Sägekette und Mensch kommt. Entscheidend ist dann, dass das Schnittschutzmaterial die Sägekette möglichst schnell zum Stehen bringt“, erklärt Prof. Dr. Dirk Wolff, Professor für Waldarbeit und Forsttechnik an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. Dort wurde ein spezieller Prüfstand entwickelt, der die Qualität von Schnittschutzmaterialien testet und nach vorgegebenen Richtlinien und Normen bewertet. Die Steuerungssoftware dieses Prüfstandes kommt von measX.
Material stoppt Sägekette
Das Funktionsprinzip von Schnittschutzmaterialien ist einfach: Beim Kontakt mit der Sägekette verheddern sich lange Fäden aus dem Schutzmaterial im Antriebsritzel und blockieren so die Motorsäge. Im Prüfstand wird untersucht, wie lange das Material braucht, um die Sägekette anzuhalten. Da die Auslaufzeit der Sägekette stark von der eingestellten Kettenspannung abhängt, ist dem eigentlichen Prüflauf eine automatische Kalibrierung vorgeschaltet. Die Motorkettensäge wird dabei auf eine vorgegebene Geschwindigkeit gebracht und nach kurzem Warmlauf abgeschaltet. Sie wird dann automatisch ge- oder entspannt, bis die Kettenauslaufzeit einem vorgegebenen Sollwert entspricht. Nach diesem Kalibriervorgang beginnt die Prüfung, zum Beispiel einer Schnittschutzhose: Die Motorsägenkette wird wieder auf die gewünschte Geschwindigkeit gebracht und dann abgeschaltet. Gleichzeitig wird ein Bolzen gelöst, sodass die Säge frei auf die eingespannte Schnittschutzhose fällt. Der Prüfstand erfasst dabei alle relevanten Größen und misst die Zeit bis zum Kettenstillstand.
Individuelle Softwarelösung
Bedient wird der Prüfstand über eine grafische Benutzeroberfläche an einem zentralen Prüfstandsrechner. Die auf Basis von LabVIEW entwickelte Prüfstandssoftware übernimmt die komplette Steuerung, misst die relevanten Signale und wertet sie direkt aus. „Die Messdaten der Kettenauslaufzeit und des Fallverlaufs werden in einem Messwertearchiv abgespeichert und können jederzeit für nachträgliche Analyse geladen werden“, erläutert measX-Projektbetreuer Dennis Esche. Zusätzlich werden verschiedene Umgebungsparameter, wie Position und Temperatur, erfasst. Außerdem steuert der Prüfstand eine Hochgeschwindigkeitskamera an, die den gesamten Prüfablauf mit 2.000 Bildern pro Sekunde filmt.
Die Datenkommunikation zur Steuerung und Messdatenerfassung erfolgt über zwei USB-Module von National Instruments: Das digitale I/O-Modul NI USB-6509 leistet den größten Teil der Prüfstandssteuerung. Das Multifunktions-Datenerfassungsgerät NI USB-6212 übernimmt die anderen Steuerungsaufgaben und erfasst die analogen Messdaten. Kettenauslaufzeit und Fallverlauf werden über zwei Countereingänge gemessen.
Sicherheitsstandards verbessern
Der Schnittschutzprüfstand wird nicht nur für hochschulinterne Forschungszwecke genutzt, sondern es werden auch Materialprüfungen für Hersteller von Schutzmaterialien durchgeführt. „Durch unsere Prüfungen kann die Qualität von Schutzkleidung objektiv bewertet und davon ausgehend nachhaltig verbessert werden. Das wirkt sich positiv zum Beispiel auf den Sicherheitsstandard in der Waldarbeit aus“, freut sich Prof. Dirk Wolff von der Hochschule für Forstwirtschaft.